Die Produktvielfalt in einem typischen deutschen Supermarkt ist sicherlich nicht gerade gering. Fast 12.000 unterschiedliche Waren sind es im Durchschnitt zwischen Apfelmus und Zahnpasta. Allerdings werden Sie vielleicht im Urlaub schon eines festgestellt haben: Auch in anderen Ländern gibt es sehr gute Sachen. Nur kann es vielfach schwierig bis unmöglich sein, diese in deutschen Ladenregalen zu finden.
An diesem Punkt unterscheiden sich Belgische Pommes-Frites-Saucen, US-amerikanische Schokolinsen in so extravaganten Geschmacksrichtungen wie „Geburtstagskuchen“ und arabische Kartoffelchips nicht voneinander.
Stellt sich die Frage: Warum ist das so? Warum gibt es in einer so globalisierten Welt (nicht nur bei Leckereien) manche Produkte nur in wenigen Ländern zu kaufen? Und das, obwohl dahinter teilweise riesige, weltweit operierende Konzerne stehen? Eines sei bereits verraten: Die Antworten sind durchaus vielfältig.
1. ZUSCHNITT AUF SPEZIELLE MÄRKTE
Einer der wichtigsten Gründe dafür, warum Sie beispielsweise Ihre geliebte thailändische Sauce nur in Thailand kaufen können, findet sich in einer komplexen Verflechtung zwischen Produktpolitik, Zielgruppenanalyse und kulturellen Eigenschaften.
Einfach ausgedrückt: Was Menschen mögen und deshalb kaufen würden, kann regional äußerst unterschiedlich ausgeprägt sein. Es unterscheidet sich nicht nur zwischen Weltregionen und Ländern, sondern kann in Einzelfällen noch deutlich kleinzelliger ausfallen. Wofür es beispielsweise in Ost-Kanada eine riesige Zielgruppe gibt, muss deshalb nicht zwangsläufig auch in West-Kanada ein Verkaufsschlager sein.
Hier kommt die Wirtschaftlichkeit ins Spiel: Firmen wollen stets an eine maximal große Zielgruppe verkaufen können. Je weniger Menschen potenziell ein Produkt kaufen würden, desto kleiner die Chance, dass es eine bestimmte Ware in einer Region gibt.
Das können Sie beispielsweise gut daran erkennen, wie extrem unterschiedlich das Sortiment der weltweit operierenden Fast-Food-Kette McDonalds zwischen einzelnen Ländern ist. Der Grund dafür: Die Geschmäcker sind aus multiplen kulturellen Gründen verschieden. Das heißt zwar nicht, dass bestimmte Dinge nicht auch Menschen in anderen Gegenden schmecken würden. Bloß gibt es dort einfach nicht genug davon. Also landet eine Ware dort nicht im Handel.
2. UNTERSCHIEDLICHE GESETZGEBUNGEN
Jedes Land hat seine eigenen Gesetze. Und diese können teils extrem unterschiedlich ausgeprägt sein. So könnten Sie aus exakt diesem Grund in den meisten US-Bundesstaaten als Volljähriger problemlos Dosen mit Kautabak erwerben – während in sehr vielen EU-Ländern derartige Tabakprodukte nicht verkauft werden dürfen.
Was diverse Alltagswaren anbelangt, existiert nur ein beinahe weltweit gültiges Regelwerk: Die Good Manufacutring Practice (GMP), angestoßen 1968 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese Regularien betreffen Materialien und Gegenstände, die über die gesamte Prozesskette mit Arzneien, Lebensmitteln und Futtermitteln in Kontakt kommen. Aber: Selbst diese Regeln sind durch die notwendige Umwandlung in nationales Recht teils etwas unterschiedlich.
Aus diesem Grund ist beispielsweise der Verkauf von Rohmilch in vielen Ländern verboten, in anderen Gegenden nicht. Hinzu kommen außerdem noch
- Exportverbote
- Importverbote
- Straf- und Schutzzölle
Doch einen Trost gibt es für Sie: Gesetze ändern sich. Bis weit in die 1990er etwa hätten Sie in Deutschland kein einziges ausländisches Bier bekommen und nicht einmal einheimische Biermischgetränke. Der Grund: Bis zu einer Gesetzesänderung wurde das Reinheitsgebot extrem streng ausgelegt.
3. ZU KLEINE FIRMEN
Hinter vielen Marken und Produkten des täglichen Bedarfs stehen internationale Großkonzerne wie beispielsweise Unilever, Nestlé oder Anheuser-Busch-InBev. Für solche Unternehmen wäre es, sofern die Zielgruppenanalysen passen und die Gesetze stimmen, ein Leichtes, ein bisher nur in bestimmten Ländern verkauftes Produkt in anderen Staaten in den Handel zu bringen.
Bloß: Längst nicht alles, was wir weltweit konsumieren, stammt von solchen Superkonzernen. Vieles wird stattdessen von kleinen Firmen und lokalen Herstellern fabriziert. In diesem Fall haben diese mitunter schlichtweg nicht die Kapazitäten, um noch weitere Märkte zu bedienen.
An dieser Stelle müssen Sie einmal mehr bedenken, wie sehr selbst das köstlichste Produkt stets vom Gebot der Wirtschaftlichkeit bestimmt wird. Der Hersteller muss es gewinnträchtig verkaufen – und ein Expandieren in andere Märkte ist nicht nur aufwendig und daher teuer, sondern immer mit Risiken verbunden.
Der weiter oben erwähnte Produzent der thailändischen Sauce würde es sich deshalb gut überlegen, ob er die Gewinne seines Produkts investiert, um die Leckerei beispielsweise nach Europa zu bringen. Wenn er die Risiken scheut oder nicht genügend Mittel hat, müssen Sie weiterhin verzichten.
4. ABSPRACHEN ZWISCHEN FIRMEN
Kennen Sie die Actionkomödie Ein ausgekochtes Schlitzohr mit Burt Reynolds? Dieser fast 50 Jahre alte Film ist sehr gut geeignet, um Ihnen zu erläutern, warum viele Produkte nicht überall erhältlich sind. In dem Streifen geht es darum, eine LKW-Ladung Bier der Marke Coors von Texas in den östlicheren Bundesstaat Georgia zu schmuggeln. Warum ist das nötig? Bis 1986 wurde die Biermarke nur westlich des Mississippi-River verkauft – offiziell, weil der Hersteller nicht genügend Kapazitäten hatte.
Tatsächlich geht es jedoch bei vielen Produkten deutlich konkreter zu. In diesen Fällen sprechen sich schlicht zwei oder noch mehr Hersteller ab. Statt sich gegenseitig die Geschäfte durch deckungsgleiche Verkaufsgebiete zu erschweren, trennen sie buchstäbliche Reviere ab. Jeder Hersteller darf nur in seinem Gebiet verkaufen. Wer nicht darin wohnt, hat einfach Pech gehabt.
5. WAS SIE TUN KÖNNEN
Es gibt also gleich mehrere plausible Gründe, warum selbst eigentlich sehr gute Produkte nicht überall gleichermaßen erhältlich sind. Eines steht allerdings fest: Solange es sich nicht explizit um strafbewehrte Verkaufsverbote handelt, können Sie fast immer einen Weg finden, um an die begehrten Leckereien oder anderen Waren zu gelangen. Die folgenden Dinge funktionieren sehr häufig:
- Finden Sie den Hersteller heraus und schreiben Sie ihn schlicht an. Vielleicht haben das schon andere getan und er erkennt die Chancen für sein Produkt in einem bislang fremden Markt.
- Kontaktieren Sie einheimische Großhändler oder -märkte, die nur Geschäftstreibenden offenstehen. Deren Sortiment und Beschaffungsmöglichkeiten sind oft ungleich größer als in herkömmlichen Geschäften.
- Suchen Sie Händler, die sich auf Waren bestimmter Länder oder Regionen spezialisieren. Etwa Asia- oder Afrika-Märkte.
Und nicht zuletzt kann ihnen immer noch das Internet helfen. Sie können beispielsweise stets einen Händler im Heimatland des Produkts suchen, der nach Deutschland versendet. Umgekehrt haben sich hierzulande verschiedene Shops etabliert, die nichts anderes tun, als Waren anderer Länder zu offerieren. Beispielsweise gibt es gleich mehrere Online-Händler, die ausschließlich US-Lebensmittel anbieten.
Wohl werden Sie dafür fast immer ein gutes Stück tiefer in die Tasche greifen müssen. Dafür aber gibt es fast immer eine Chance, Produkte zu bekommen, die anderweitig wirklich nur auf Reisen erhältlich sind.